Ein Berufsbetreuer berichtet...


Hilfe in schweren Zeiten
Jörg Rexin hatte schon immer ein Herz für ältere Menschen. „Ich habe mich gern um sie gekümmert, ihnen zugehört oder ihnen eine Freude gemacht“, erzählt der 63-Jährige. Generell habe er sich immer für die Rechte und Bedürfnisse anderer eingesetzt. Bei seiner früheren Arbeitsstelle wurde er deshalb Personalrat und bald auch zum Verantwortlichen für die Seniorinnen und Senioren. „Ich habe den Kontakt zu ihnen gepflegt, zum Beispiel Weihnachtsfeiern organisiert.“ Dass er seine soziale Ader einmal zu seinem Beruf machen würde, das ahnte er damals nicht.
Doch dann kam die politische und bald darauf auch die wirtschaftliche Wende im Osten Deutschlands. Jörg Rexin stand vor der Frage: Weiter wie bisher? Oder etwas Neues wagen? „In dieser Situation wurde ich angesprochen, ob ich mich nicht als Berufsbetreuer selbstständig machen möchte. Und obwohl ich ziemlich Manschetten hatte vor der freiberuflichen Tätigkeit, entschied ich mich dafür.“
Berufsbetreuerinnen und Betreuer helfen Menschen, die sich nicht mehr selbst helfen können. Dafür kann es ganz unterschiedliche Gründe geben. Zu den Menschen, die Jörg Rexin betreut, gehören Obdachlose, Alkoholkranke, Menschen mit geistiger Behinderung. Immer häufiger sind es auch ältere Menschen, die entweder keine Angehörigen haben oder deren Angehörige nicht in der Lage sind, die Betreuung zu übernehmen. Dabei geht es nicht um Pflege, sondern um Interessenvertretung. Dafür werden Berufsbetreuerinnen und -betreuer gerichtlich bestellt. Je nach Umfang der Betreuung kümmern sie sich um Bankgeschäfte, Vertragsangelegenheiten, gesundheitliche Vorsorge, Organisation von Pflege und andere Erledigungen. „Dabei handeln wir im Einvernehmen mit dem Betreuten, nicht gegen seinen Willen“, betont Jörg Rexin.
Für viele Menschen ist die Betreuung ein Segen. „Der Besuch des Betreuers ist oft das Highlight im Leben der betreuten Personen. Sie sehen uns als Freund“, weiß Jörg Rexin zu berichten. Nicht selten wird er zu Geburtstagen eingeladen, er wird zu einer wichtigen Bezugsperson. „Natürlich gelingt es nicht immer, die Menschen aus dem Sumpf zu ziehen, in den sie hineingeraten sind“, räumt er ein. „Aber ich versuche es jedes Mal. Und manchmal reicht es schon, ihre Lebensbedingungen wenigstens ein bisschen zu verbessern.“
So erinnert er sich an eine alte Dame, die unter wirklich schlimmen Bedingungen hauste. Die Wohnung der Seniorin war vermüllt und verdreckt. Bewegen konnte sie sich nur noch mit Mühe. Angehörige, die sich hätten kümmern können, hatte sie nicht – und zunächst fehlte tatsächlich auch die Bereitschaft, etwas an ihrer eigenen Situation zu ändern. Doch nach langem Reden gelang es Jörg Rexin doch, die Frau davon zu überzeugen, in ein Pflegeheim umzuziehen. „Ich erinnere mich noch gut an den Tag des Umzugs, ich habe sie selbst ins Pflegeheim gefahren.“ Dort wurde die Dame gewaschen, in ein sauber bezogenes Bett gesetzt und mit allem versorgt, was sie brauchte. „Als sie da so saß und immer wieder mit den Händen über die duftende Bettwäsche stricht, schaute sie mich ganz ungläubig an: Gehört das jetzt alles mir? Darf ich jetzt hier wohnen, fragte sie. Sie war von Stund an wie ausgewechselt, glücklich und zufrieden.“ Das sind die Momente, für die Jörg Rexin seine Arbeit liebt.
Aber natürlich gibt es auch die anderen Momente. Und die haben nicht immer damit zu tun, dass sich jemand nicht helfen lassen möchte. „Es gibt einige Hürden, die uns Betreuern die Arbeit erschweren“, weiß Jörg Rexin zu berichten. Mit der Überarbeitung des Bundesbetreuungsgesetzes sind die Zulassungsvoraussetzungen erschwert worden. „Ich hatte Glück, weil ich mich fortlaufend weiter qualifiziert haben und schließlich sogar an der Fachhochschule Neubrandenburg Soziale Dienste studiert habe“, sagt Jörg Rexin. Viele andere, vor allem den beruflichen Nachwuchs schrecken die hohen Zulassungsvoraussetzungen jedoch ab.
Berufsbetreuerinnen und -betreuer müssen sich bei ihrer Stammbehörde registrieren lassen – im Landkreis Rostock ist das Betreuungsbehörde im Gesundheitsamt. Dabei muss die persönliche und fachliche Eignung nachgewiesen werden. Außerdem müssen Betreuerinnen und Betreuer über eine Berufshaftpflicht für Vermögensschäden verfügen. Über das Betreuungsgericht wird der Betreuer dann bestellt. Eine Betreuung kann für einen kurzen Zeitraum bestellt werden, kann aber auch über Jahrzehnte nötig sein. Gegenüber dem Gesundheitsamt wird regelmäßig Bericht erstattet.
Auch Jörg Rexin ist regelmäßig in Kontakt mit seiner Ansprechpartnerin im kreislichen Gesundheitsamt, um über seine rund 60 Betreuungen zu berichten. Uta Kiefer ist dort die zuständige Sachbearbeiterin. Sie weiß, dass immer weniger Betreuer für eine stetig wachsende Zahl an Fällen zur Verfügung stehen. „Gerade mit Blick auf die älter werdende Gesellschaft, zunehmende Zahlen von Demenzerkrankungen – wir werden auch künftig Betreuerinnen und Betreuer brauchen und wir sind dankbar für jeden, der diese anspruchsvolle Arbeit leistet“, sagt Uta Kiefer.
Als Betreuer kann Jörg Rexin für die ihm zugewiesenen Menschen viel bewegen. Und das möchte er auch weiterhin.